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Parlamentarischer Abend in Hannover: Abgeordnete und Vorstände im Dialog zu bankpolitischen Herausforderungen

02.03.2018

Der Parlamentarische Abend der Genossenschaftsbanken in Weser-Ems fand am 28. Februar 2018 in der Landeshauptstadt Hannover statt und bot erneut einen Rahmen für einen intensiven Dialog zwischen Politikern und Bankvorständen zu den nationalen und europäischen Herausforderungen im Finanzsektor.

 © FRANZ FENDER

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Politiker und genossenschaftliche Bankenvertreter im Dialog (v.l): Frank Thiel, stellv. Vorsitzender der AGVR, GVWE-Verbandsdirektor Johannes Freundlieb, Vorstandsvorsitzender der AGVR Lambert Meyer, der Vizepräsident des Niedersächsischen Landtages Bernd Busemann, der Niedersächsische Umweltminister Olaf Lies, der Niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers, GVWE-Verbandsdirektor Axel Schwengels und AGVR-Geschäftsführer Harald Lesch

 

Zu Beginn des Abends brachte der Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems (AGVR), Bankdirektor Lambert Meyer, seine Freude zum Ausdruck, dass die Vizepräsidenten des Niedersächsischen Landtages, Meta Janssen-Kucz und Bernd Busemann, der Niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers und der Niedersächsische Umweltminister Olaf Lies an dem Parlamentarischen Abend teilnahmen. Dies wertete er als Zeichen der besonderen Verbundenheit der Abgeordneten zu den Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems.

Der AGVR-Vorstandsvorsitzende ging sodann auf die aktuellen Herausforderungen im Bankenbereich ein, die sich auch auf die genossenschaftliche Bankengruppe auswirken und diese im Tagesgeschäft belasten. Zunächst stellte er auch bezogen auf die Entwicklung der 60 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems im Jahr 2017 fest, dass diese erneut sehr zufriedenstellend verlaufen ist. Mit einem Zuwachs der Bilanzsumme von über  5,8 Prozent auf 27,4 Mrd. Euro haben die Genossenschaftsbanken erneut Marktanteile gewonnen. „Das Weser-Ems-Gebiet ist weiterhin eine Region mit Wachstumschancen“, so Meyer weiter.

Die eigenkapital- und vertriebsstarken Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems investieren weiter in Richtung Zukunft: Mit einer Digitalisierungsoffensive gehen die Genossenschaftsbanken zukünftige Kundenanforderungen offensiv an. „Das auf Dezentralität ausgerichtete genossenschaftliche Geschäftsmodell wird zukunftsorientiert weiterentwickelt“, betonte Meyer. Dagegen äußerte Meyer sich kritisch zur Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) - insbesondere im Hinblick auf die schädlichen Auswirkungen besonders für die Sparer und Altersvorsorgeanleger.

Vizepräsident Busemann unterstich in seinem Grußwort, dass die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems eine der wichtigsten Stützen für das anhaltende Wachstum und die gute wirtschaftliche und soziale Situation der hiesigen Region sind. Das Kreditgeschäft der Genossenschaftsbanken läuft in der seit langem anhaltenden Wachstumskonjunktur gut und auch das Einlagengeschäft der Volksbanken und Raiffeisenbanken hat sich trotz der weiterhin herrschenden Niedrigzinsen positiv entwickelt. Busemann hierzu: „Das ist ein Zeichen für das große Vertrauen, das die Kunden den Genossenschaftsbanken entgegenbringen. Es hängt auch mit der wohnortnahem Filialstruktur und der Möglichkeit persönlicher Begegnungen und Bindungen zwischen Kunden und Bankmitarbeitern zusammen. Hieran sollten die Genossenschaftsbanken aus meiner Sicht unbedingt auch gegen Widerstände festhalten, denn es ist eine der Grundfesten ihres nachhaltigen Erfolgs!“ Damit dieser Erfolg des deutschen Drei-Säulen-Modells in Zukunft so bleibt, müssen die genossenschaftliche Säule des Bankwesens und die öffentlich-rechtliche Säule nach Aussagen des Vizepräsidenten weiterhin eng mit der Politik zusammenarbeiten.

Verbandsdirektor Axel Schwengels, Genossenschaftsverband Weser-Ems, ging in seinem Beitrag auf die Interessenvertretung der genossenschaftlichen Bankengruppe und deren Verbände ein. Als einen aktuellen politischen Erfolg stellt der Verbandsvorstand besonders heraus, dass sich die beabsichtigte Große Koalition auf Bundesebene besonders um die kleinen Banken in Deutschland kümmern will, weil diese – wie auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken  – als wichtige Finanzpartner für viele Menschen und Unternehmen im Nordwesten angesehen werden.

Schwengels ging zudem auf den Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen und somit dem Vordenker und Gestalter der Genossenschaftsidee ein, der sich am 30. März 2018 zum zweihundersten Mal jährt. Dieses geschichtsträchtige und zugleich bedeutsame Ereignis wird der Verband zusammen mit den Mitgliedsgenossenschaften mit zahlreichen Veranstaltungen im „Raiffeisen-Jahr 2018“ würdigen. Hierzu führte er weiter aus: „Wenn wir uns heute wie die Volksbanken und Raiffeisenbanken zu der Genossenschaftsidee mit langer Tradition bekennen, dann ist das zugleich ein Bekenntnis zu den Aufgaben der Genossenschaften als Einrichtungen der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung, natürlich in einem modernen Gewand“. Gerade die Genossenschaftsbanken sind nach seinen Aussagen ein besonders beeindruckendes Beispiel für die Tragfähigkeit der genossenschaftlichen Idee. Auch das im Branchenvergleich hervorragende Langfristrating „AA-“ von FitchRatings und Standard & Poor´s Rating Services stellt nach Aussagen von Schwengels die Vitalität und die finanzielle Stabilität des Geschäftsmodells der genossenschaftlichen Bankengruppe heraus.

Gerade auch vor diesem Hintergrund appellierte Schwengels an die anwesenden Politiker, Banken – und besonders die Genossenschaftsbanken – nicht länger als ein „Regulierungsobjekt“ zu betrachten, sondern wieder viel stärker in deren wichtigen Rolle als Akteure der Realwirtschaft wahrzunehmen – und die Banken für diese Aufgabe von regulatorischem Aufwand weiter zu entlasten. Diese politische Unterstützung ist für den Verbandsvorstand auch gerade in der Frage einer europäischen Einlagensicherung zwingend erforderlich. Seit Jahren setzen sich die EU-Kommission und Euro-Staaten wie Italien und Frankreich dafür ein, die nationalen Einlagensicherungen zu vergemeinschaften, da diese darin ein unverzichtbares Element der Europäischen Bankenunion sehen. Besonders deutsche Banken und Einleger würden dann für die bestehenden Defizite des Bankensektors in anderen Mitgliedstaaten haften, und unter anderem deutsche Genossenschaftsbanken müssten risikoreiche Strategien ihrer eigenen Wettbewerber mittelbar auch noch mitfinanzieren. „Eine solche Transferunion unter Banken über die Einlagensicherung darf es nicht geben, Risiko und Haftung gehören auch beim Sparerschutz untrennbar zusammen“, merkte Verbandsdirektor Schwengels zu diesem Thema kritisch an. Alles andere setzt falsche Anreize, schwächt verantwortungsvolles Handeln von Banken und Sparern und führt uns in ein System, in dem der Rechtstreue der Dumme ist.

Ziel muss es für Schwengels zunächst sein, angeschlagene Banken in Europa von den Ursachen her zu therapieren, und eben nicht, etwaigen „Zombie-Banken“ noch weiteren Vorschub zu leisten. Die betreffenden Banken müssen erkennbar als erste Maßnahme die Höhe ihrer maroden Kredite weiter reduzieren, weniger Anleihen ihrer hochverschuldeten Staaten halten und sich besser mit Eigenkapital ausstatten. Das – und nicht eine europäische Einlagensicherung – schützt nach seiner Meinung wirksam vor Krisenfällen, und damit auch Deutschland davor, für andere haften zu müssen.

Aus aktuellem Anlass ging Finanzminister Hilbers in seiner Ansprache zunächst auf den von der Landesregierung aufgestellten und zeitnah auf den Weg gebrachten Nachtragshaushalt für das Jahr 2018 ein, der in dieser Woche mit großer Mehrheit vom Niedersächsischen Landtag verabschiedet wurde. Hinsichtlich der Zins- und Geldpolitik der EZB führte Hilbers sodann aus, dass er das Ankaufvolumen von Staatsanleihen wie auch die Nullzinspolitik für problematisch hält, da diese zu Fehlallokationen führt und nicht den Druck auf die Staaten erhöht, die eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nötig haben. Übereinstimmend mit der Position des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems forderte der Finanzminister, dass die EZB angesichts der guten konjunkturellen Entwicklung endlich die Zinswende einleitet. Zu den regional tätigen Genossenschaftsbanken stellte Hilbers auf dem Parlamentarischen Abend fest: "Die Genossenschaftsbanken leisten einen fundamentalen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg in Niedersachsen. Diese Banken sind ein Garant und Erfolgsfaktor für wirtschaftliche Stärke“. Vor diesem Hintergrund begrüßte er auch ausdrücklich den aktuellen Überarbeitungsprozess des Aufsichtsrahmens und die Fokussierung auf den Aspekt der Proportionalität, denn hierdurch kann der regulatorische Aufwand für die kleinen  und mittleren Banken auf ein angemessenes Maß reduziert werden.

Den Vorträgen schloss sich an dem Abend ein reger Austausch zwischen den Politikern, Bankvorständen und den Vertretern des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems an, in dessen Mittelpunkt die unbedingt zu erhaltende Rolle und Bedeutung der Volksbanken und Raiffeisenbanken für die Menschen und die mittelständischen Wirtschaftsunternehmen standen.